Interview mit den Lernenden
Das Mehrfamilienhaus an der alten Aarburgerstrasse 19 in Rothrist wurde bezogen
Etwas mehr als ein Jahr betrug die Bauzeit für das Mehrfamilienhaus mit 8 Wohnungen an der alten Aarburgerstrasse 19 in Rothrist, welches als Baustelle der «Champions von morgen…» in aller Munde war. Inzwischen hat Manuel Hallwyler die Erstvermietung erfolgreich abgeschlossen und die Wohnungen wurden vermietet. Mit 7 der rund 50 Lernenden, welche am Haus mitgearbeitet hatten, führten Manuel Hallwyler, als Vertreter der Hallwyler Liegenschaften AG und Simon Urech, Haller Architektur AG, ein Gespräch über ihre Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen rund um die Baustelle.
Hat Euer Lehrbetrieb Euch speziell in Eure Aufgaben eingeführt, da ihr Euren Job recht selbständig machen durftet?
Joel; «ja, mein Chef hat viele Details mit mir angeschaut.»
Noah; «Remo, unser Polier, hat immer alle Arbeiten mit mir besprochen und ich habe seine Anweisungen an die Lernenden unserer Firmengruppe weitergegeben.»
Thimothée; «kurz hat mein Chef mit mir die Schlüsselstellen besprochen. Danach wurde ich etwas ins kalte Wasser geworfen. Ich war zusätzlich noch für einige weitere Baustellen verantwortlich.»
Tobias; «ich bekam Ausführungs-Pläne und habe damit die Elemente, also die Zwischenwände und Böden des Estrichs, in unserer Zimmerei vorfabriziert. Auf der Baustelle wurden dann die Elemente montiert. Stefan, unser Vorarbeiter, hat uns beim Aufrichten des Dachstuhls unterstützt.»
Samuel: «ich war damals erst im zweiten Lehrjahr (Zimmermänner lernen 4 Jahre) und habe einfach mitgeholfen.»
Nils: «ich wusste von Beginn an Bescheid und war von Anfang an mit dem Projekt vertraut. Kurz vor Baubeginn verunfallte ich und fühlte mich dadurch auch ein wenig wie ein begossener Pudel.»
Manuel zu Nils; «war es speziell für Dich?»
Nils; «nach drei Monaten Zwangspause war diese Baustelle natürlich schon eine Herausforderung. Zumal das Projekt grösser war als die üblichen kleinen.»
Eure Aufgaben brachten Verantwortung mit. Wie seid Ihr damit umgegangen. Ist Verantwortung Belastung oder Freude?
Joel; «für mich war es ein grosser Unterschied zu üblichen Baustellen. Ich musste auch Material bestellen und habe wirklich gespürt, dass ich Verantwortung hatte. Dadurch habe ich aber auch viel gelernt.»
Noah; «wir Maurerlernenden haben viel selbstständig gemacht und hatten auch die Verantwortung für unsere Mauern und Schalungen. Remo überprüfte unsere Arbeiten schon. Wir hatten aber auch sein Vertrauen. Monobeton habe ich zum ersten Mal auf dieser Baustelle ausführen dürfen. Das war nicht einfach!»
Thimothée; «zu Beginn war es schwierig. Auch ich durfte zum ersten Mal Material, ganz selbständig, bestellen.»
Tobias; «beim Aufrichten des Dachstuhls hatte ich etwas mehr Verantwortung als üblich. Eigeninitiative war gefragt. Wir durften sogar mitreden, wie wir vorgehen wollten. Die Hauptverantwortung trug aber der Vorarbeiter. Den Innenausbau haben wir als Lernende dann selbstständig ausgeführt »
Nils; «ich fand die Organisation von drei, vier Leuten schwierig. Ich habe zum ersten Mal Führungsaufgaben übernommen. Dabei musste ich zum ersten Mal vorausdenken, was ich als sehr herausfordernd empfand.»
Spürt Ihr jetzt, dass Euer Betrieb Euch mehr Verantwortung übergibt:
Julio; «ich arbeite jetzt wieder mit Remo zusammen. Er übergibt mir mehr Verantwortung und lässt mich spüren, dass er an mich glaubt. Das ist schon sehr motivierend.»
Samuel; «ich habe mehr Verantwortung jetzt, da ich im 3. Ausbildungsjahr bin. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass es noch mehr geworden ist durch diese Baustelle.»
Manuel stellt den jungen Männern die Frage nach dem Druck, der mit der Verantwortung kommt?
Tobias; «wir hatten kaum Zeitdruck. Zu Beginn verspürten wir etwas Druck, weil wir insgesamt angespannt waren. Beim Aufrichten und während des Innenausbaus legte sich das aber wieder.»
Noah; «von Remos Seite gab es schon Druck: Hüü, mach mal! Trotzdem hatten wir aber eine gute Stimmung auf der Baustelle durch die vielen Jugendlichen, aber wir hatten ein Bauprogramm, das wir am Schluss nicht ganz einhalten konnten.»
Joel; «am Anfang waren wir zu Dritt und ich empfand nicht so viel Druck. Zum Ende war ich aber allein auf der Baustelle und habe schon Zeitdruck und Unsicherheit gespürt. Ich wollte gute Arbeit abliefern!»
Hattet ihr untereinander (übergreifend zwischen den Arbeitsgattungen) einen Austausch?
Joel; «wir waren eigentlich jeder für sich. Mit Thimothée hatte ich noch am meisten zu tun.»
Tobias; «wir haben uns schon ausgetauscht, wenn wir das mussten.»
Simon; «bei den Bauleitungsarbeiten fiel mir auf, dass jeder fokussiert war und Themenübergreifend nicht viel Austausch stattfand. Vielleicht wäre es für euch hilfreich zu wissen, wie die einzelnen Arbeitsgattungen aufeinander wirken.»
Joel; «ich musste beim Dach eine Abluft -Fallleitung anbringen. Der Zimmermann sollte diese abdichten. Ich wusste zu dem Zeitpunkt aber nicht, auf wen ich hätte zugehen sollen.»
Manuel; «was gibt es über Zigis im Garten zu sagen, die der Gärtner auflesen muss?»
Nils; «als Gärtner musst Du einfach aufräumen. Wir sind die Letzten.»
Simon; «das ist generell ein schwieriges Thema. Man muss es immer wieder ansprechen. Aber manchmal sind nicht einmal die Erwachsenen erwachsen genug, ihren Müll wegzuräumen.»
Nils; «die Lehrlingsbaustelle war in dieser Beziehung weniger schlimm.»
Simon; «welche Infos haben Euch gefehlt bei diesem Projekt? Was ist zu kurz gekommen? Ein Theorieblock, aktiver Austausch, was hätte es noch gebraucht?»
Tobias; «vielleicht wäre es schön gewesen, wenn wir von Anfang an gewusst hätten, wie das fertige Haus aussieht.»
Noah; «eine Vorstellung des ganzen Projektes und das Bekanntmachen der Menschen untereinander, der mitarbeitenden Lernenden, wäre sicher gut gewesen.»
Simon; «stimmt; der Fotoevent im Sommer hätte in dieser Beziehung etwas weiterreichen können. Das Projekt hätte an diesem Anlass vorgestellt werden können.»
Manuel; «hattet ihr einen Lerneffekt bei dieser Baustelle, würdet ihr Euch für eine weitere Lehrlingsbaustelle stark machen? Hattet Ihr insgesamt einen Mehrwert?»
Tobias; «ich glaube, als Lernender konnte ich sehr viel profitieren. Wer bereit ist, den Lead zu übernehmen kann viel profitieren.»
Joel; «seit der Lehrlingsbaustelle kann ich viel besser mit Druck umgehen. Das ist ein Vorteil.»
Nils: «ab dem 2. Ausbildungsjahr war der Nutzen da. Für einen Lernenden im 1. Jahr ist der Gewinn wohl nicht ganz so gross.»
Noah; «das sehe ich auch so. Unsere Lernenden im 1. Ausbildungsjahr haben auch eher weniger profitiert.»
Manuel; auch für Jungmaurer, also frisch ausgelernte Berufsmänner, wäre eine Lehrlingsbaustelle sicher eine gute Sache. Die Runde nickt.
Manuel und Simon fragen die anwesenden jungen Männer noch nach ihren Freizeitbeschäftigungen. Von Eishockey über Fussball, Handball, Feuerwehr, Jungschileiter, Seilziehen, Geräteturnen, Inlinehockey und Snowboard über Fitness und Krafttraining bis zum Einachser, an dem selbst Hand angelegt wird, ist alles dabei.
Eine vielseitige Truppe junger Hoffnungsträger verabschiedet sich, um die letzte Wohnung zu besichtigen, bevor sie den neuen Mietern übergeben wird. Ein sehr gelungenes Projekt, wie wir finden.
Alle haben einen tollen Job gemacht! Jeder von Euch ist über sich herausgewachsen. Ihr dürft stolz auf Euch sein. Wir sind es.